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29. Mai 2025
Hanja Niederhammer
Cordyceps sinensis gilt seit Jahrhunderten als natürlicher Energie-Booster. Doch wie beeinflusst der Pilz unsere Hormone? Aktuelle Studien geben überraschende Einblicke
Hormone steuern viel: sie beeinflussen unsere Stimmung, den Stoffwechsel und sogar das Immunsystem. Umso spannender, dass Cordyceps sinensis in der Forschung zunehmend als möglicher Regulator dieser komplexen hormonellen Abläufe diskutiert wird.
Erste Hinweise deuten darauf hin, dass Inhaltsstoffe wie Cordycepin, Polysaccharide und Sterole in hormonelle Regelkreise eingreifen könnten: direkt, etwa durch eine Anregung der Östrogen- oder Testosteronproduktion, oder indirekt über entzündungshemmende und stressregulierende Effekte.
Die folgenden Abschnitte beleuchten, wie Cordyceps potenziell auf verschiedene hormonelle Achsen im Körper wirkt – von der Testosteronsynthese über das Stresshormon Cortisol bis hin zum weiblichen Zyklus.
Cordyceps sinensis – auch als chinesischer Raupenpilz bekannt – ist ein traditioneller Vitalpilz aus dem tibetischen Hochland. In der TCM gilt er seit Jahrhunderten als Tonikum für Energie und Vitalität. Heute kommt er meist als Extrakt oder Kapsel zum Einsatz -–mit spannenden Inhaltsstoffen und modernem Potenzial.
In der traditionellen chinesischen Medizin gilt Cordyceps seit jeher als pflanzlicher Unterstützer der männlichen Vitalität. Besonders seine mögliche Wirkung auf die Testosteronproduktion macht den Vitalpilz bis heute interessant.
Die These: Cordyceps könnte die körpereigene Hormonbildung anregen – über das luteinisierende Hormon (LH), das in den Hoden die Testosteronproduktion steuert. Zudem könnte der Pilz die Sauerstoffversorgung verbessern und die Ausdauer unterstützen – besonders relevant für Sportler.
Doch wie stichhaltig sind diese Aussagen?
Cordyceps wird mit einer möglichen Stimulierung des luteinisierenden Hormons (LH) in Verbindung gebracht, das die Testosteronproduktion in den Hoden anregt.
Cordycepin, ein natürlicher Bestandteil des Cordyceps-Pilzes, wirkt direkt auf hormonproduzierende Zellen. Er aktiviert den sogenannten cAMP-PKA-Signalweg, der eine Schlüsselrolle bei der Herstellung von Steroidhormonen wie Testosteron spielt. Kurz gesagt: Cordycepin bringt die hormonelle Maschinerie in Gang – zumindest im Labor.
Cortisol – auch als Stresshormon bekannt – ist ein echter Überlebenshelfer: Es mobilisiert blitzschnell Energie, schärft unsere Sinne und bringt den Stoffwechsel auf Trab, wenn es darauf ankommt. Kurzfristig ist das eine grandiose Erfindung der Natur. Bleibt der Cortisolspiegel jedoch dauerhaft erhöht, etwa durch chronischen Stress, kann das Körper und Psyche erheblich belasten.
In der Naturheilkunde gilt Cordyceps als Adaptogen – also als pflanzlicher Helfer, der den Körper unterstützen soll, besser mit Stress umzugehen. Im Unterschied zu klassischen Beruhigungsmitteln oder Stimulanzien sollen Adaptogene die hormonelle Stressreaktion nicht dämpfen oder verstärken, sondern fein ausgleichen – je nachdem, was der Körper gerade braucht.
Doch funktioniert das auch wirklich? Erste wissenschaftliche Studien nehmen diese Wirkung bereits seit Längerem unter die Lupe – mit spannenden Ansätzen.
Schon 1998 lieferte eine frühe Laborstudie Hinweise darauf, dass Cordyceps sinensis die Produktion von Corticosteron – dem tierischen Pendant zum menschlichen Cortisol – in hormonbildenden Zellen anregen kann. Die Forscher vermuteten darin eine mögliche Erklärung für die belebende Wirkung des Pilzes, wie sie in der traditionellen Anwendung etwa zur Leistungssteigerung oder im Sport beschrieben wird: ein gezielter, kurzfristiger Anstieg des Stresshormons – vergleichbar mit einem „positiven“ Stressimpuls, der den Körper aktiviert, ohne ihn zu belasten.
Neue Forschung aus dem Jahr 2025 deutet darauf hin, dass Cordyceps sinensis nicht nur aktivierend wirkt, sondern auch ausgleichend – vor allem bei stressbedingten Entzündungen. In einer Laborstudie mit menschlichen Zellen hemmte der Pilzextrakt die Produktion entzündungsfördernder Botenstoffe.
Das ist deshalb spannend, weil anhaltende Entzündungen das körpereigene Stresssystem – die sogenannte HPA-Achse – ständig in Alarmbereitschaft halten können. Die Folge: dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel. Cordyceps könnte helfen, diese Prozesse zu beruhigen und das hormonelle Gleichgewicht zu unterstützen.
Auch wenn es bisher keine Studien am Menschen gibt, liefert die Untersuchung einen vielversprechenden ersten Hinweis.
Polysaccharide aus Cordyceps werden in Studien mit positiven Effekten auf das Immunsystem und das innere Gleichgewicht in Verbindung gebracht. Sie könnten helfen, stressbedingte Entzündungsreaktionen abzuschwächen.
Hormonelle Schwankungen gehören zum Leben vieler Frauen – vor allem rund um die Wechseljahre. Wenn der Östrogenspiegel sinkt, kann das weitreichende Folgen haben: Von Stimmungsschwankungen über Hautveränderungen bis hin zu nachlassender Knochendichte.
Auch wenn klinische Studien am Menschen noch fehlen, eröffnen diese Ergebnisse neue Perspektiven auf Cordyceps als natürliche Begleitung in hormonellen Umbruchphasen.
Der Vitalpilz enthält Isoflavone –pflanzliche Substanzen, die dem körpereigenen Östrogen ähneln. Sie binden an dieselben Rezeptoren, entfalten jedoch eine abgeschwächte Wirkung und sorgen so für ein sanftes hormonelles ‚Feintuning‘.
Übrigens: Auch das Hormon Testosteron spielt für die Frauengesundheit eine wichtige Rolle. Wie Cordyceps hier unterstützen könnte, lesen Sie im Artikel zur Cordyceps-Wirkung bei Frauen.
Die Schilddrüse ist zwar nur faustgroß, steuert aber über ihre Hormone T3 und T4 zentrale Körperfunktionen – von Stoffwechsel und Körpertemperatur bis hin zu Energie, Stimmung und Herzschlag. Man kann sie sich wie ein sensibles Steuerpult vorstellen, das eng mit dem Gehirn kommuniziert – über die sogenannte Hormonachse zwischen Hypothalamus, Hypophyse und Schilddrüse.
Wenn wir also über die Wirkung von Cordyceps auf die Hormone sprechen, ist die Schilddrüse fast immer mitgemeint – selbst wenn sie nicht explizit genannt wird. Denn hormonelle Prozesse sind vernetzt, und Substanzen wie Cordycepin oder Polysaccharide könnten über ihre stress- und entzündungsregulierenden Effekte auch die Schilddrüsenfunktion beeinflussen.
Ob Energie-Durchhänger, Zyklus-Chaos oder Stimmungsschwankungen – viele greifen bei hormonellen Unruhen inzwischen zu Cordyceps. Meist in Form von Kapseln oder Extraktpulver, liegt die empfohlene Tagesdosis laut Herstellern bei 1000 bis 2000 mg – idealerweise morgens oder mittags, wenn der Körper einen kleinen Push gut gebrauchen kann. Besonders beliebt: Kombinationen mit anderen Vitalpilzen wie Reishi (für innere Ruhe) oder Maitake (Zyklusbegleiter mit Tradition).
Klingt vielversprechend – und erste Studien auf Zellebene oder im Tiermodell bestätigen tatsächlich hormonelle Effekte. Doch klar ist auch: Die Forschung am Menschen steckt noch in den Kinderschuhen. Cordyceps ist (noch) kein Wundermittel – eher ein pflanzlicher Impulsgeber, der achtsam eingesetzt werden will.
Unser Tipp? Hören Sie auf Ihren Körper, lassen Sie sich im Zweifel beraten – und sehen Sie Nahrungsergänzungsmittel nicht als Ersatz für eine medizinische Behandlung, sondern als Teil eines ganzheitlichen, individuell abgestimmten Lebensstils.