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29. Mai 2025
Hanja Niederhammer
Cordyceps sinensis – einst Heilmittel der TCM, heute Trendpilz in der Forschung. Studien untersuchen seine Wirkung auf Lunge, Hormone, Haut und Psyche. Doch was ist dran am Hype? Dieser Artikel zeigt, was der Vitalpilz im Körper wirklich bewirken könnte.
Cordyceps sinensis – auch bekannt als chinesischer Raupenpilz – hat in der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) einen festen Platz: Er gilt seit Jahrhunderten als natürliches Tonikum für Energie, Ausdauer und Vitalität. Inzwischen macht der Vitalpilz auch im Westen Karriere.
Dafür sprechen auch die Zahlen: Laut einer Marktanalyse der Business Research Company wird der globale Markt für Cordyceps sinensis im Jahr 2025 auf rund 1,33 Milliarden US-Dollar geschätzt.
Der Cordyceps Vitalpilz hat seinen Ursprung im Hochland Tibets. In freier Wildbahn wächst er als Parasit in der Larve einer Schmetterlingsraupe. Erst durchwuchert er deren Inneres, dann sprießt der Pilz wie ein kleiner Finger aus der Hülle der Raupe heraus.
Da der wild wachsende Pilz selten und kostspielig ist, kommt heute meist kultiviertes Myzel zum Einsatz – eine nachhaltige und standardisierte Alternative. So lässt sich die wertvolle Wirkung des Raupenpilzes inzwischen kontrolliert und ressourcenschonend nutzen.
Ob Zellschutz, Energieproduktion oder hormonelle Balance – die Raupenpilz Wirkung scheint vielfältig zu sein. Besonders drei Stoffgruppen stehen dabei im wissenschaftlichen Fokus: Polysaccharide, das Nukleosid Cordycepin und verschiedene Sterole.
Was sie bewirken und warum sie den Cordyceps so interessant machen, zeigen die folgenden Abschnitte.
Polysaccharide sind komplexe Zuckerverbindungen und gelten als die Hauptakteure hinter den immunmodulierenden Effekten von Cordyceps. Sie scheinen bestimmte Immunzellen wie Makrophagen oder natürliche Killerzellen zu aktivieren und sollen dem Körper helfen, auf Belastungen schneller und gezielter zu reagieren. Man kann sie sich wie kleine Impulsgeber vorstellen, die das Immunsystem in Bereitschaft halten.
Wie vielversprechend dieser Effekt ist, zeigt eine aktuelle klinische Studie aus dem Jahr 2024: Darin konnte ein Cordyceps-militaris-Getränk bei gesunden Erwachsenen die Aktivität wichtiger Immunzellen steigern. Ein Hinweis darauf, dass die natürlichen Wirkstoffe des Pilzes durchaus das menschliche Immunsystem in Bewegung bringen können.
Cordycepin, ein natürlicher Verwandter des zellulären Energieträgers Adenosin, wirkt deutlich tiefer im Zellstoffwechsel: Er soll unerwünschte Entzündungsprozesse hemmen, oxidativen Stress reduzieren und auf zellulärer Ebene die Regeneration unterstützen.
Studien zeigen zudem, dass Cordycepin den Aufbau von RNA beeinflussen kann – ein Mechanismus, der mitunter auch die Zellteilung und Reparaturprozesse betrifft.
Besonders spannend: In der Sport- und Regenerationsforschung wird Cordycepin zunehmend als potenzieller „zellulärer Booster“ diskutiert.
Sterole wie Ergosterol, die natürlicherweise in Cordyceps vorkommen, ähneln strukturell den körpereigenen Hormonen. Sie stehen im Fokus, wenn es um mögliche hormonähnliche Effekte pflanzlicher Stoffe geht – besonders interessant in Phasen hormoneller Veränderungen wie den Wechseljahren.
Eine tierexperimentelle Studie hat bereits Hinweise darauf geliefert, dass Cordyceps in hormonelle Regelkreise eingreifen könnte. Auch wenn diese Forschung noch am Anfang steht, rücken Sterole als mögliche Schlüsselstoffe zunehmend ins Interesse der wissenschaftlichen Forschung zur Cordyceps-Wirkung.
Gut zu wissen: Die Inhaltsstoffe von Cordyceps wirken nicht einzeln, sondern als eingespieltes Team. Gemeinsam unterstützen sie Energie, Immunsystem, Zellschutz und hormonelle Balance – genau dieses Zusammenspiel macht den Pilz so vielseitig einsetzbar.
Wer es genauer wissen möchte: Eine umfassende Übersichtsarbeit (Cordyceps spp.: A review on its immune-stimulatory and other biological potentials, 2021) fasst die Studienlage zusammen. Die Autorinnen und Autoren beleuchten insbesondere die Rolle von Polysacchariden, Cordycepin und Sterolen – und deren Beitrag zu den vielfältigen Effekten von Cordyceps auf den menschlichen Organismus.
Eine einfache Frage – mit erstaunlich vielen möglichen Antworten. Denn die bioaktiven Substanzen in Cordyceps sinensis greifen nicht nur isoliert in einzelne Prozesse ein, sondern wirken vernetzt auf verschiedene Systeme im Körper.
Cordyceps wird in der Naturheilkunde vielseitig eingesetzt – doch was sagt die Forschung zu den konkreten Anwendungsfeldern? In den folgenden Abschnitten werfen wir einen genaueren Blick auf verschiedene Bereiche, in denen Cordyceps potenziell wirken könnte, darunter:
In der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) gilt Cordyceps sinensis seit Jahrhunderten als kräftigendes Tonikum für Menschen mit chronischem Husten, Atemnot oder allgemeiner Schwäche. Das sogenannte „Lungen-Qi“ soll durch den Pilz gestärkt werden. Heute wirft auch die moderne Forschung einen genaueren Blick auf diese alte Anwendung und stößt auf erste spannende Hinweise.
Präklinische Studien zeigen, dass Cordyceps entzündungshemmend wirken und die Lungenfunktion positiv beeinflussen kann - insbesondere bei chronischen Atemwegserkrankungen wie Asthma, COPD oder Bronchitis. Eine systematische Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2019 bestätigt das therapeutische Potenzial, weist jedoch auch auf die bislang begrenzte Datenlage beim Menschen hin.
Ein genauerer Blick in die Forschung:
Cordyceps sinensis rückt in der Forschung auch zunehmend als natürlicher Modulator hormoneller Prozesse in den Fokus. Eine aktuelle Übersichtsarbeit hebt besonders das Potenzial zur Beeinflussung von Östrogen- und Androgenspiegeln hervor. Verantwortlich dafür seien vor allem bioaktive Substanzen wie Cordycepin und Sterole, die gezielt in hormonelle Regelkreise eingreifen könnten.
Ein Blick auf aktuelle Studien:
Darmgesundheit ist längst mehr als ein Verdauungsthema – hier entscheidet sich, wie gut unser Immunsystem arbeitet, wie wir Nährstoffe aufnehmen und manchmal sogar, wie wir uns fühlen. Kein Wunder also, dass auch die Cordyceps Wirkung an dieser Stelle ins Rampenlicht rückt. Klar ist: Der kleine Raupenpilz könnte Großes leisten.
Spannende Forschungsergebnisse:
Auch wenn die bisherigen Ergebnisse vielversprechend klingen: Die meisten Erkenntnisse stammen bislang aus Tiermodellen. Ob und wie sich diese Effekte auf den menschlichen Darm übertragen lassen, muss noch genauer erforscht werden. Gerade weil das Mikrobiom eine so zentrale Rolle für Gesundheit, Stimmung und Immunabwehr spielt, lohnt sich der wissenschaftliche Blick auf Cordyceps sinensis als natürliche Unterstützung.
Strahlende Haut beginnt nicht nur im Badezimmer – auch auf Zellebene braucht sie Schutz. Genau hier wird Cordyceps in der Forschung zunehmend interessant. Die enthaltenen bioaktiven Stoffe wie Cordycepin und Polysaccharide werden im Zusammenhang mit antioxidativen und zellschützenden Effekten untersucht.
Eine aktuelle In-vitro- und In-vivo-Studie aus dem Jahr 2024 zeigt: Ein Extrakt aus Cordyceps sinensis konnte oxidativen Stress in Hautzellen deutlich reduzieren und gleichzeitig die Kollagenproduktion steigern. Nach 28 Tagen Anwendung wurde sogar eine sichtbare Faltenreduktion beobachtet.
Schon gewusst?
Wissenschaftler führen die hautschützende Wirkung auf die Aktivierung von Sirtuinen zurück – körpereigene Enzyme, die zelluläre Reparaturprozesse steuern und als Schlüsselmechanismen beim gesunden Altern gelten.
Stress, Stimmungsschwankungen, mentale Erschöpfung – unser psychisches Gleichgewicht hängt von vielen Faktoren ab. Genau hier wird Cordyceps als sogenanntes Adaptogen immer wieder diskutiert: Ein natürlicher Ausgleichshelfer, der den Körper dabei unterstützen könnte, besser mit Stress umzugehen. Es wird angenommen, dass seine bioaktiven Inhaltsstoffe wie Cordycepin und Polysaccharide auf neurochemischer Ebene in Prozesse wie der Dopamin- und Cortisolregulation eingreifen – also dort, wo Stimmung, Antrieb und Belastbarkeit entstehen.
Erste präklinische Studien liefern Hinweise auf mögliche antidepressive Effekte und kognitive Vorteile bei Erschöpfungszuständen. Allerdings stammen diese Erkenntnisse bislang aus Zell- und Tiermodellen.
Cordyceps wird im sportlichen Kontext vor allem wegen seiner potenziellen Wirkung auf die zelluläre Energieproduktion diskutiert. Studien zeigen, dass bestimmte Extrakte wie Cs-4 die Produktion von ATP – dem wichtigsten Energieträger der Zellen – erhöhen könnten.
In einer Humanstudie mit älteren Erwachsenen verbesserte Cordyceps die Sauerstoffaufnahme und Ausdauerleistung. Auch Hinweise auf eine schnellere Regeneration und reduzierte Ermüdung machen den Pilz für Sportler spannend. Ob Hobby oder Leistungssport: Cordyceps rückt zunehmend als natürliche Ergänzung in den Trainingsfokus.
Cordyceps wird traditionell als Mittel zur Stärkung von Libido und Vitalität eingesetzt – insbesondere in der TCM.
Auch präklinische Studien deuten darauf hin, dass der Pilz die Produktion von Sexualhormonen wie Testosteron bei männlichen Tieren fördern kann. Eine Übersichtsarbeit von Jiraungkoorskul (2016) fasst diese Ansätze zusammen, betont aber auch die mangelnde Forschung zu Frauen. Deshalb haben wir in unserem Artikel zur Wirkung von Cordyceps auf Frauen noch einmal alle relevanten Fakten zusammengefasst.
Spannend bleibt: In Tiermodellen führte Cordyceps zu gesteigerter Libido und verbesserter sexueller Funktion. Ob sich diese Effekte auch beim Menschen zeigen, ist bislang nicht eindeutig belegt.
Cordyceps gilt allgemein als gut verträglich. Dennoch empfehlen viele Hersteller bestimmten Personengruppen besondere Vorsicht – etwa Menschen mit Pilz- oder Schimmelallergien, bei Autoimmunerkrankungen, Blutgerinnungsstörungen oder vor Operationen. Auch für Schwangere, Stillende und Kinder unter 18 Jahren liegen bislang keine ausreichenden Sicherheitsdaten vor.
Nebenwirkungen werden vereinzelt genannt, etwa leichte Magen-Darm-Beschwerden, Unruhe oder mögliche Effekte auf Blutzucker und Blutgerinnung. Die Angaben variieren je nach Produkt. Daher lohnt sich ein Blick ins Kleingedruckte – und bei Unsicherheiten gilt: medizinischer Rat schützt vor Fehlentscheidungen.
Cordyceps wird als Adaptogen beschrieben – ein natürlicher Unterstützer, der dem Körper helfen könnte, besser mit Stress umzugehen. Studien deuten darauf hin, dass der Pilz stressbedingte Prozesse über Hormone wie Cortisol und entzündungshemmende Botenstoffe beeinflussen kann. Mehr dazu lesen Sie hier.
Cordyceps ist kein Kandidat für Sofortwirkung – hier zählt Geduld. In verschiedenen Studien wurden erste Effekte nach 4 bis 6 Wochen beobachtet, insbesondere bei einer täglichen Einnahme von 3 bis 4 g. In einer 12-wöchigen Studie zeigte sich eine signifikante Verbesserung der aeroben Leistungsfähigkeit erst nach 12 Wochen. Der Körper benötigt also Zeit, um auf die bioaktiven Verbindungen zu reagieren.
Wer sich mit Naturstoffen beschäftigt, stolpert früher oder später über den Begriff „Erstverschlimmerung“. Auch bei Cordyceps geistert das Gerücht herum, der Körper reagiere anfangs mit Müdigkeit, Kopfdruck oder Unruhe. Doch die Studienlage dazu ist eindeutig: Es gibt keine wissenschaftlichen Belege, dass Cordyceps solche Wirkungen auslöst – weder in Humanstudien noch in präklinischer Forschung.
Was bleibt, sind vereinzelte Erfahrungsberichte. Ob es sich dabei um eine körperliche Umstellung, Zufall oder vielleicht auch nur Erwartungshaltung handelt, sei dahingestellt. Klar ist: Wenn der Körper neue Impulse bekommt, kann er sich bemerkbar machen.