
© Anna Shvets
29. Dezember 2025
Marianne Waldenfels
Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Kribbeln in den Extremitäten – ein Vitamin B12 Mangel kann sich durch vielfältige Symptome bemerkbar machen. Doch wer ist wirklich gefährdet und wann sind Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll? Evidenzbasierte Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um das lebenswichtige Vitamin
Vitamin B12, auch Cobalamin genannt, ist ein wasserlösliches Vitamin, das unser Körper nicht selbst herstellen kann. Es erfüllt drei zentrale Funktionen:
Der empfohlene Tagesbedarf liegt bei etwa 2,4 Mikrogramm für Erwachsene, bei Schwangeren und Stillenden erhöht sich der Bedarf auf 2,6 bis 2,8 Mikrogramm.
Ein B12-Mangel entwickelt sich meist schleichend, da die Leber das Vitamin speichern kann – die Vorräte reichen bei gesunden Menschen für zwei bis vier Jahre. Die Symptome sind vielfältig und unspezifisch, was die Diagnose erschwert:
Häufige Frühsymptome:
Neurologische Symptome bei fortgeschrittenem Mangel:
In schweren Fällen:
Verwirrtheit und Gedächtnisverlust
Wichtig: Diese Symptome können auch andere Ursachen haben. Bei Verdacht auf einen Mangel sollten Sie Ihren B12-Status ärztlich überprüfen lassen.
Bestimmte Personengruppen sind besonders gefährdet, einen B12-Mangel zu entwickeln:
Ein einfacher Bluttest beim Hausarzt gibt Aufschluss über Ihren B12-Status. Für eine präzise Diagnose empfehlen Experten jedoch nicht nur die Bestimmung des Gesamt-B12-Spiegels, sondern auch:
Holotranscobalamin (Holo-TC): Zeigt das aktive, für die Zellen verfügbare B12 und reagiert früher auf einen Mangel als der Gesamt-B12-Wert.
Methylmalonsäure (MMA): Ein erhöhter Wert deutet auf einen funktionellen B12-Mangel hin, auch wenn der B12-Spiegel im Blut noch normal erscheint.
Homocystein: Ebenfalls ein Marker für B12-Mangel, allerdings weniger spezifisch, da auch andere Faktoren (z.B. Folsäuremangel) die Werte beeinflussen.
Normwerte für Gesamt-B12 liegen typischerweise zwischen 200-900 pg/ml, wobei Werte unter 200 pg/ml einen eindeutigen Mangel anzeigen. Der Graubereich zwischen 200-400 pg/ml sollte durch zusätzliche Marker abgeklärt werden.
Bei nachgewiesenem Mangel oder zur Prävention in Risikogruppen stehen verschiedene Darreichungsformen zur Verfügung:
Tabletten und Kapseln: Die gängigste Form für die tägliche Einnahme. Dosierungen von 250-1000 µg sind üblich, da nur ein kleiner Teil passiv über die Darmschleimhaut aufgenommen wird.
Sublingualtabletten und Tropfen: Werden unter die Zunge gelegt bzw. geträufelt und teilweise direkt über die Mundschleimhaut aufgenommen.
Injektionen: Bei schweren Mangelzuständen oder wenn die orale Aufnahme gestört ist, werden B12-Spritzen intramuskulär verabreicht. Die Initialdosis liegt oft bei 1000 µg täglich oder mehrmals wöchentlich.
Methylcobalamin vs. Cyanocobalamin: Cyanocobalamin ist die synthetische, kostengünstige Standardform mit guter Studienlage. Methylcobalamin ist eine bioaktive Form, die der Körper direkt verwerten kann. Beide sind wirksam, wobei Cyanocobalamin aufgrund der besseren Datenlage oft bevorzugt wird.
Die empfohlene Tagesdosis hängt von Ihrer Situation ab:
Zur Vorbeugung bei Veganern: 250-500 µg täglich oder 2500 µg einmal wöchentlich
Bei leichtem Mangel: 1000 µg täglich über mehrere Wochen bis Monate
Bei schwerem Mangel mit neurologischen Symptomen: Hochdosierte Injektionen nach ärztlichem Protokoll, oft 1000 µg täglich für eine Woche, dann wöchentlich
Überdosierung: B12 ist sehr sicher, da überschüssige Mengen über die Nieren ausgeschieden werden. Auch hochdosierte Präparate mit mehreren tausend Mikrogramm gelten als unbedenklich. Einzelne Studien deuten auf mögliche Zusammenhänge zwischen sehr hohen Dosen und Akne oder bestimmten Krebsarten hin, die Evidenz ist jedoch nicht eindeutig.
Wer sich mit tierischen Produkten ernährt, kann seinen B12-Bedarf gut decken. Die ergiebigsten Quellen pro 100g:
Pflanzliche Lebensmittel wie Algen (Nori, Spirulina) oder fermentierte Produkte wie Sauerkraut enthalten nur inaktive B12-Analoga, die vom menschlichen Körper nicht verwertet werden können und sogar die Aufnahme von echtem B12 blockieren können.
Bei täglicher Supplementierung normalisieren sich die Blutwerte meist nach 6-12 Wochen. Neurologische Symptome können jedoch Monate bis Jahre zur Rückbildung benötigen – oder im fortgeschrittenen Stadium dauerhaft bleiben.
Ja, bei regelmäßigem Verzehr ausreichender Mengen. Studien zeigen jedoch, dass viele Vegetarier trotzdem suboptimale Werte haben, da die Mengen oft nicht ausreichen.
Ja, ein Folsäuremangel kann B12-Mangel-Symptome maskieren. Vitamin C verbessert die Aufnahme, während hohe Zinkdosen sie beeinträchtigen können.
Der Zeitpunkt spielt keine große Rolle. Manche Menschen berichten von besserer Verträglichkeit bei Einnahme zu den Mahlzeiten.
In der Regel nicht, außer Sie gehören zu einer Risikogruppe (über 50, Magen-Darm-Probleme, bestimmte Medikamente). Im Zweifelsfall: Blutwerte checken lassen.
Vitamin B12 ist ein essenzieller Nährstoff, der bei bestimmten Personengruppen besondere Aufmerksamkeit verdient. Der Hype um B12 als Energie-Booster für gesunde, gut versorgte Menschen ist wissenschaftlich nicht haltbar – wer normale Werte hat, wird durch zusätzliches B12 nicht leistungsfähiger.
Für Veganer ist eine Supplementierung jedoch zwingend erforderlich, und auch ältere Menschen, Personen mit Magen-Darm-Erkrankungen oder bestimmten Medikamenteneinnahmen sollten ihren Status regelmäßig überprüfen lassen.
Unsere Empfehlung: Lassen Sie bei Verdacht auf einen Mangel oder als Mitglied einer Risikogruppe Ihren B12-Status inklusive Holotranscobalamin beim Hausarzt überprüfen. Eine gezielte Supplementierung bei nachgewiesenem Bedarf ist sinnvoll und sicher – eine wahllose Einnahme hochdosierter Präparate ohne Indikation hingegen unnötig.