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30. Oktober 2025
Sharon Burbat
Wenn der Bauch ständig rebelliert…Blähungen, Bauchschmerzen und Verdauungsbeschwerden direkt nach dem Essen? Hinter diesen Symptomen könnte eine bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms stecken, auch bekannt als SIBO
Viele kennen das unangenehme Gefühl, wenn die Verdauung einfach nicht mitspielen will. Oft wird dann vom Reizdarm gesprochen oder auf „zu viel Stress“ getippt. Doch was, wenn hinter den Beschwerden etwas ganz anderes steckt? Eine mögliche – und oft übersehene – Ursache heißt SIBO. Was sich hinter der Abkürzung verbirgt, warum sie so viele betrifft und wie man die Beschwerden endlich in den Griff bekommt.
SIBO steht für Small Intestinal Bacterial Overgrowth, also eine bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms. Normalerweise leben im Dünndarm nur wenige Bakterien – im Vergleich zum Dickdarm, der eine hohe mikrobielle Dichte aufweist. Bei SIBO jedoch vermehren sich Darmbakterien übermäßig im Dünndarm, wo sie nicht hingehören.
Die Folge: Die Bakterien beginnen dort, unverdaute Kohlenhydrate zu vergären. Dabei entstehen Gase wie Wasserstoff oder Methan, die zu Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfällen oder Verstopfung führen können.
SIBO kann sich sehr unterschiedlich äußern, die Beschwerden sind oft diffus. Das macht die Diagnose oft so schwierig. Zu den häufigsten Symptomen gehören jedoch:
Da viele dieser Symptome auch beim Reizdarmsyndrom (IBS) auftreten, wird SIBO oft übersehen und Betroffene manchmal jahrelang fehldiagnostiziert.
SIBO ist keine eigenständige Erkrankung, sondern meist die Folge anderer Störungen im Magen-Darm-Trakt oder Stoffwechsel. Häufige Ursachen und Risikofaktoren sind:
Die Diagnose von SIBO ist nicht immer einfach. Die gängigste Methode ist eine Atemgastestung mit Laktulose oder Glukose. Dabei wird gemessen, wie viel Wasserstoff oder Methan nach Einnahme einer Zuckerlösung über die Lunge abgeatmet wird, was ein Hinweis auf bakterielle Gärung im Dünndarm ist. Atemtest sind allerdings nicht standardisiert und können falsch-positive und falsch-negative Ergebnisse liefern. Eine ganzheitliche Betrachtung von Symptomen, Anamnese und Befunden ist deshalb essenziell. Ergänzend können unter Umständen Bluttests auf Nährstoffmangel, Stuhlanalysen, um Dysbiosen oder Entzündungen zu identifizieren und eine Bildgebung (bei Verdacht auf anatomische Ursachen) sein.
Die Therapie von SIBO erfolgt mehrstufig und individuell abgestimmt. Ziel ist es, die bakterielle Überwucherung zu reduzieren, die Darmbarriere zu stabilisieren und die Ursachen anzugehen.
Medikamente oder pflanzliche Präparate zur Förderung der Dünndarmbewegung, um Rückfälle zu verhindern (Beispiele: Prucaloprid, Low-Dose-Erythromycin, Iberogast®)
Nur Symptome zu behandeln reicht nicht. Langfristig wichtig ist es, die Ursache für die Fehlbesiedlung zu finden und zu beheben: zum Beispiel die Darmbewegung zu verbessern, Stress zu reduzieren oder ein Ungleichgewicht im Mikrobiom wieder ins Lot zu bringen.
SIBO hat leider eine hohe Rückfallquote. Vor allem, wenn die zugrunde liegenden Auslöser bestehen bleiben. Studien zeigen, dass bis zu 50 % der Betroffenen nach 6–9 Monaten erneut Symptome entwickeln können. Daher ist eine nachhaltige Nachsorge entscheidend, die regelmäßige Atemgastests bei chronischen Verläufen, eine Ernährungsberatung durch qualifizierte Fachkräfte und eine langfristige Darmpflege (Stressmanagement, Bewegung, Darmmikrobiom stärken) beinhaltet.
In den letzten Jahren verdichten sich Hinweise, dass ein erheblicher Teil der Reizdarm-Diagnosen eigentlich auf SIBO zurückzuführen ist. Studien zeigen, dass bis zu 60–80 % der IBS-Patienten positive Atemgastests zeigen. Rifaximin konnte in Studien bei IBS-D (durchfallbetont) zudem signifikant Symptome lindern. Ein gezieltes SIBO-Screening bei Reizdarmsymptomen könnte daher vielen Patienten zu einer effektiveren Behandlung verhelfen.
SIBO ist ein typisches Beispiel für eine versteckte Ursache, die jahrelang unerkannt bleiben kann, und das, obwohl die Beschwerden massiv sind. Wer unter unklaren Verdauungsproblemen leidet, sollte deshalb auch an SIBO denken. Insbesondere, wenn klassische Reizdarm-Therapien nicht helfen.
Die richtige Diagnose, eine gezielte Behandlung und ein bewusster Umgang mit Ernährung und Lifestyle können den Unterschied machen und die Lebensqualität wieder steigern.