Oberberg Fachklinik Bad Tölz
„Wir wollen kein anonymes Therapiezentrum sein, sondern ein Ort des Vertrauens“, sagt PD Dr. Richard Musil, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Oberberg Fachklinik in Bad Tölz. Und das hat der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie konsequent umgesetzt, seit er vor zwei Jahren die kleine Klinik übernommen hat.
Allein der Standort ist wie gemacht dafür, die Seele genesen zu lassen: Rund 50 Kilometer südlich von München, zwischen Tegernsee und Starnberger See, liegt die psychosomatische Klinik im bayerischen Oberland. Das Haus im modernen Landhausstil ist eingebettet im sogenannten Bäderviertel und erinnert eher an ein Kurhotel als an eine Klinik. „Viele Patienten empfinden unser Haus als einen geschützten Ort – überschaubar und im besten Sinne etwas kuschelig“, beschreibt es der ärztliche Leiter PD Dr. Richard Musil, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Und das ist schon Teil der Heilung. „Wir schaffen einen ‚Safe Space‘, in dem man zur Ruhe kommen und sich öffnen kann, Orientierung oder Tiefe findet.“
Etwa 25 Patientinnen und Patienten befinden sich durchschnittlich dort – eine Zahl, die es ermöglicht, sich um jeden individuell zu kümmern. So ist die Atmosphäre fast familiär – ein zentraler Aspekt für Dr. Musil. Und deshalb finden Therapiegespräche nicht nur im Behandlungszimmer, sondern auch einmal in der gemütlichen Bauernstube statt.
„Gemeinsam mit meinen Patienten die Fortschritte in der Therapie zu feiern, gemeinsam zu lachen und manchmal auch gemeinsam zu weinen oder den Schrecken auszuhalten – meinen Patienten emotional auf Augenhöhe zu begegnen“, ist für Dr. Musil Antrieb und Haltung, die den Klinikalltag prägen. Dazu gehören Visiten mit Zeit und individuell abgestimmten Behandlungen – aber auch die beiläufigen Momente, wie ein kurzer Austausch beim Mittagessen oder im Garten, werden als Teil des Heilungsprozesses verstanden. Der Blick ins Grüne, ein Schwimmbad, Fitnessräume und bewegungstherapeutische Angebote unterstützen den ganzheitlichen Ansatz; ebenso wie die eigene Küche, die nach persönlichen Vorlieben, regional und saisonal kocht. Gearbeitet wird neben klassischen Verfahren der sog. dritten Welle der Verhaltenstherapie (Schematherapie, DBT, ACT) auch mit alternativen Methoden wie der Akupunktur.
Dies ist ein Konzept, das ganz Dr. Musils Vorstellung entspricht und mit dem er hier angetreten ist: in einem überschaubaren Rahmen Strukturen zu schaffen, in denen Heilung nachhaltig möglich wird – mit Gespür für Menschen, Pragmatismus und wissenschaftlich fundierten Methoden.
„Gemeinsam mit meinen Patienten die Fortschritte in der Therapie zu feiern, gemeinsam zu lachen und manchmal auch zu weinen oder den Schrecken auszuhalten, emotional auf Augenhöhe – das treibt mich an.“
Priv.-Doz. Dr. Robert Musil
Zuvor war der gebürtige Münchner an renommierten Stationen tätig, u.a. an der Weill Cornell Medical School in New York, der McMaster University in Toronto sowie fast 20 Jahre an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), wo er 10 Jahre lang Oberarzt war.
Hier verantwortet er nach wie vor die Tic- und Tourette-Ambulanz in der Klinik an der Münchner Nussbaumstraße, eines der wenigen spezialisierten Zentren in Deutschland für diese häufigste neurologische Erkrankung im Kindes- und Jugendalter.
Der LMU ist Dr. Musil zudem als Privatdozent und in der Forschung weiterhin verbunden. Unter anderem leitet er eine Arbeitsgruppe zum Thema Gewichtszunahme unter Einnahme von Psychopharmaka. Sein Ansatz: Möglichst früh das Risiko, etwa für kompensatorisches Essen oder Heißhunger, zu erkennen und gegenzusteuern, bevor die medikamentöse Behandlung, im wahrsten Wortsinn, zur Belastung wird.
Ein besonderes Herzensanliegen ist es für Dr. Musil, den Körper in den psychotherapeutischen Prozess zu integrieren – mit einer Methode, für die er als Pionier und ausgewiesener Experte gilt: der Akupunktur. Gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe betreibt er seit Jahren Grundlagenforschung zur Wirkung von Akupunktur in seinem Fachbereich. Zudem leitet er die Fachkommission „Akupunktur in der Psychiatrie“ der Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur und ist Mitautor der internationalen Leitlinie der World Federation of Acupuncture Societies (WFAS). „Die Wirksamkeit bei psychiatrischen Störungsbildern ist in vielen Studien belegt“, betont er.
Vor allem bei posttraumatischen Belastungsstörungen, die oft mit intensiven körperlichen Reaktionen einhergehen, hat er – auch für ihn selbst immer wieder – erstaunliche Erfolge: „Hier erweist sich die Akupunktur als ein hervorragendes Instrument“. Das Setting erinnert eher an eine klassische Akupunkturbehandlung als an ein psychotherapeutisches Gespräch. „Der Patient oder die Patientin liegt auf der Behandlungsliege und ich starte mit bestimmten regulierenden Standardpunkten. Danach wird die Exposition eingeleitet.“
„Mit Akupunktur erreichen wir eine unmittelbare körperliche Regulierung – das kenne ich in dieser Form aus keiner anderen Methode.“
Priv.-Doz. Dr. Robert Musil
Während die Patienten gedanklich zurück in die Traumasituation geführt werden, entstehen nicht nur Emotionen, sondern auch körperliche Empfindungen. Die Akupunktur wird dann jeweils auf diese Reaktion angepasst. Handelt es sich zum Beispiel um ein starkes Engegefühl im Brustkorb, drückt er zunächst mit dem Finger gezielt Akupunkturpunkte auf der Perikard-Leitbahn, die nach der Traditionellen Chinesischen Medizin mit dem Herz-Kreislauf-System und dem emotionalen Leitsystem verbunden sind. Spüren die Patienten beim Drücken eines Punktes Erleichterung, setzt der Arzt dort die Nadel. „Im Idealfall verliert das traumatische Bild nach wenigen Durchläufen seine emotionale und körperliche Wucht. Es verschwindet in einer Art innerem Nebel. Die Patienten fühlen sich befreiter und können leichter durchatmen“, berichtet Dr. Musil. Bei manchen wurden die traumatischen Bilder, die sie jahrelang verfolgt hatten, tatsächlich gelöscht. Das Tolle daran: „Wir erreichen mit der Akupunktur eine unmittelbare körperliche Regulierung – das kenne ich in dieser Form aus keiner anderen Methode.“
Direkt helfen zu können – das ist es, was den engagierten Psychiater immer wieder bei seiner Arbeit antreibt. „Es ist diese ganz unmittelbare Begegnung. Wenn ich spüre, dass sich jemand wirklich verstanden fühlt und ich in dem Moment vielleicht das Werkzeug war, durch das das ermöglicht wurde, dann ist das einfach ein großartiges Gefühl. Es ist direkt spürbar. Das ist erfüllend und berührend!“
Sein persönlicher Mental-Health-Tipp? „Stressreduktion durch ein ‚Nicht-ganz-so-ernst-nehmen-seiner-Selbst‘“, schmunzelt Dr. Musil. Und noch etwas möchte er, nicht zuletzt durch seine Arbeit, vermitteln: „Es gibt immer einen Weg.“