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10. Dezember 2025
Birgitta Dunckel
Eine neue Studie zur Langzeitanwendung von Melatonin zeigt ein erhöhtes Risiko für Herzinsuffizienz. Was heißt das für die Herzgesundheit? Alle Fakten zum Schlafmittel

Mit
Prof. Dr. Dr. Ferdinand Vogt
Melatonin gilt weltweit als eines der beliebtesten natürlichen Schlafmittel. Das Hormon, das den Schlaf-Wach-Zyklus reguliert, gibt es in zahlreichen Darreichungsformen. Als Tabletten und Kapseln, Sprays und Dragees, als Gummibärchen und als Pulver. Der Wirkstoff wird angewendet zur Behandlung von Schlafstörungen (Insomnie).
Jetzt sorgen neue Daten für Aufsehen: Eine neue groß angelegte Studie, präsentiert auf der American Heart Association (AHA) Scientific Sessions 2025, stellt die Unbedenklichkeit des Schlafhormons infrage. Die Untersuchung zeigt deutliche Hinweise darauf, dass eine langfristige Melatonin-Einnahme das Risiko für Herzinsuffizienz und andere kardiovaskuläre Probleme erhöhen könnte.
Bei einer Herzinsuffizienz ist die Pumpleistung des Herzens eingeschränkt. Das Herz ist dadurch nicht mehr in der Lage, den Körper und damit auch Organe wie Gehirn, Muskeln oder Nieren ausreichend mit Blut und Sauerstoff zu versorgen.
Bislang galt Melatonin als eher positiv für die Herzgesundheit. Es hieß, dass das körpereigene Hormon dank seiner antioxidativen Eigenschaften blutdrucksenkend und gefäßschützend wirke sowie die Herzfrequenz reguliere. Die neuen Daten aus den USA stellen diese These jedoch jetzt infrage.
Die Präsentationsstudie unter Leitung von Dr. Ekenedilichukwu Nnadi, Oberarzt für Innere Medizin am SUNY Downstate/Kings County Primary Care in New York, analysierte Gesundheitsdaten von 130.828 Erwachsenen mit chronischer Insomnie.
Etwa die Hälfte der Probanden nahm für mindestens 12 Monate regelmäßig Melatonin ein. Personen mit bestehender Herzinsuffizienz haben die Forscher ausgeschlossen. Ebenso Menschen, die andere Schlafmittel als Melatonin eingesetzt haben.
Beide Gruppen – Melatonin-Nutzer und Nichtnutzer – wurden anhand von mehr als 40 Faktoren (darunter Alter, Geschlecht, Begleiterkrankungen, Blutdruck, BMI und Medikation) gematcht. Über fünf Jahre wurden Herzinsuffizienz, Krankenhausaufenthalte und Sterblichkeit untersucht.
• 90 % höheres Risiko für Herzinsuffizienz bei Langzeitanwendung.
• Krankenhausaufenthalte wegen Herzinsuffizienz:
o 19 % in der Melatonin-Gruppe
o 6,6 % in der Kontrollgruppe
• Sterblichkeit fast doppelt so hoch (7,8 % vs. 4,3 %).
Diese Daten legen nahe, dass regelmäßige Melatonin-Nutzung keineswegs so harmlos ist, wie viele Verbraucher annehmen.
Prof. Dr. Ferdinand Vogt, Leitender Oberarzt der Herzchirurgie im Artemed Klinikum München Süd, sagt dazu allerdings: "Grundsätzlich muss man sich immer fragen, ob solche Effekte ursächlich oder koinzident auftreten. Jede langfristige Einnahme von Medikamenten sollte hinterfragt und von einem Arzt begleitet werden. Bei der "Unbedenklichkeit" von Melatonin denke ich an Paracelsus, der gesagt hat: "Wenn etwas keine Nebenwirkung hat, dann hat es vermutlich auch keine Hauptwirkung!"
Trotz der Größe der Untersuchung betonen Fachleute: Die Studie zeigt Korrelationen, aber keine kausale Ursache. Wie genau Melatonin die Entstehung einer Herzinsuffizienz begünstigen könnte, ist offen. Ein direkter ursächlicher Zusammenhang wurde nicht nachgewiesen – die Studie ist beobachtend, nicht experimentell.
Die Studie weiß nicht:
Um eine solche Berichterstattung für Patienten zu beantworten, hilft es bei langfristigen Schlafstörungen und notwendiger Medikation immer, einen Arzt aufzusuchen. Der Besuch eines Schlaflabors und eine gründliche internistische/kardiologische Aklärung sind hier unausweichlich.
Auch wichtig: Insomnie selbst erhöht das Herzrisiko. Menschen mit starken Schlafstörungen könnten automatisch ein höheres Grundrisiko besitzen — unabhängig vom eingenommenen Melatonin. Die verwendete internationale Datenbank enthält sehr heterogene Gesundheitsdaten. Das erschwert klare Aussagen über spezifische Risikogruppen. Da die Ergebnisse erst präsentiert, aber nicht veröffentlicht wurden, fehlt die unabhängige Validierung durch andere Forschende.
Kurzfristig kann es helfen — langfristig sollte es ärztlich begleitet werden. Menschen mit Herzbeschwerden sollten besonders vorsichtig sein. Melatonin sollte daher nicht leichtfertig und nicht dauerhaft ohne medizinische Betreuung eingenommen werden.
Randomisierte klinische Studien müssen jetzt klären: