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20. Dezember 2025
Judith Cyriax
Von Dr. Niehans' Zelltherapie 1931 bis zu NASA-Experimenten: Wie die Anti-Aging-Forschung mit Genetik, KI und Stammzellen die Hautalterung bekämpft

Mit
Dr. med. Timm Golüke
Lange bevor der mittlerweile inflationär genutzte Begriff „Longevity“ Einzug in das Leben gesundheitsbewusster Menschen hielt, setzte ein medizinisches Refugium in der Schweiz schon vor fast einhundert Jahren auf „gesundes“ Altern: Seit ihrer Gründung im Jahr 1931 gilt die „Clinique La Prairie“ am Genfersee nicht nur als exklusiver Rückzugsort für Heil- und Wellness-Suchende, sondern auch als Synonym für Pioniergeist in der regenerativen Gesundheitsvorsorge.
Gegründet wurde die Klinik von dem legendären Schweizer Arzt Dr. Paul Niehans, dessen Idee einer zellulären Therapie darauf abzielte, den Alterungsprozess zu verlangsamen und die Vitalität des Körpers wiederherzustellen.

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Dr. Paul Niehans, Gründer von La Prairie
So entwickelte er eine sogenannte Frischzellentherapie, bei der lebende tierische Zellen (vor allem aus Schafsföten) injiziert wurden. Sein Ziel: Degenerative Prozesse im Körper zu verlangsamen oder sogar umzukehren. Niehans ging davon aus, dass junge, vitale Zellen regenerative Impulse an alternde oder geschädigte Zellen übertragen können.
Obwohl diese „tierische“ Methode in der Schulmedizin umstritten war und heute in Europa weitestgehend verboten ist, galt sie damals dennoch als revolutionär. Und so zog die Klinik eine Vielzahl prominenter Gäste an, die auf der Suche nach Jugend und Vitalität waren: Marlene Dietrich, Winston Churchill oder Pablo Picasso wünschten sich vom visionären Mediziner Erneuerung und Heilung und eröffneten – dank großzügiger Bezahlung – dem Arzt, in einer Zeit, in der Medizin noch oft reaktiv war, die Möglichkeit, seinen holistischen Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität voranzutreiben.
Der Erfolg schien ihm recht zu geben – viele seiner prominenten Gäste wurden mindestens 90 Jahre alt. Auch wenn wissenschaftliche Beweise für seine Methode fehlten, prägte seine Arbeit spätere Konzepte der präventiven Medizin maßgeblich. Heute verbindet die Clinique La Prairie modernste Präventivmedizin mit einem exklusiven Wellness-Angebot. Die Zeiten tierischer Zellinjektionen sind vorbei, statt-dessen setzt man auf personalisierte Programme aus modernster Medizin, Ernährungswissenschaft und Ästhetik.
Ein nicht unwichtiger Aspekt des Jungbleibens ist natürlich das äußere Erscheinungsbild, also ein jugendlicher, strahlender und frischer Teint. Und so stehen vor allem die neuen Pflegeprodukte der Marke für diesen Wandel. „Wir wollten genau verstehen, was die Ursache für die nachlassende Langlebigkeit der Haut ist und was den Zustand der Zellen am meisten beeinflusst. Also begannen wir, zelluläre Informationsprozesse aus Sicht der Biologie, Biowissenschaften und theoretischen Physik zu analysieren“, erklärt Dr. Jacqueline Hill, Global Director of Strategic Innovation and Science bei La Prairie.

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Anti-Aging und präventive Medizin am Genfer See: Clinique La Prairie
Zehn Jahre intensiver Forschungsarbeit mündeten schließlich in die exklusive „Life Matrix Haute Rejuvenation Cream“ – ein, wie Dr. Hill betont, pflegender 360°-Ansatz, der nicht nur die Zeichen der Zeit bekämpft, sondern schon an den Ursachen ansetzt. Wichtigste Erkenntnis: „Zellen, die fehlerhaft oder gar nicht kommunizieren, altern schneller“. Die gezielte Wirkstoffkombination der Creme hilft, diese Fehlfunktionen zu korrigieren, die Zellfunktion zu reaktivieren und Prozesse wie Kollagenneubildung oder Feuchtigkeitsregulation wieder anzukurbeln.
Das japanische Unternehmen Shiseido verfolgt seit Jahren eine Innovationsstrategie, die Erkenntnisse aus Genetik, Zellbiologie und sogar der Raumfahrt in die Produktentwicklung einfließen lässt. In Zusammenarbeit mit der japanischen Raumfahrtbehörde JAXA (Japan Aerospace Exploration Agency) untersuchte Shiseido auf der Internationalen Raumstation (ISS) beispielsweise wie sich Schwerelosigkeit auf die Hautstruktur und Zellalterung auswirkt.
Der Hintergrund: In der Mikrogravitation altern Hautzellen messbar schneller, unter anderem durch eine veränderte Kollagenproduktion, oxidativen Stress und eine gestörte Zellteilung. Diese Erkenntnisse nutzt Shiseido dazu, Formulierungen zu entwickeln, die auch unter extremen Umweltbedingungen wirksam sind und somit einer beschleunigten Hautalterung entgegenwirken.
Auch der amerikanische Konzern Estée Lauder wagte einen Ausflug ins All, um dort die Stabilität, Wirksamkeit und Zellverträglichkeit seiner Hautpflege unter extremen Bedingungen zu testen. Besonders interessierte man sich für die Reaktion der Haut auf oxidativen Stress, einem der Hauptverursacher von Hautalterung – sowohl auf der Erde als auch im All. Die Forschungsergebnisse helfen Lauder dabei, Produkte zu entwickeln, die auch unter starker Belastung funktionieren, etwa bei einer hohen UV- und Strahlungsbelastung und einem eingeschränkten Schlaf-Wach-Rhythmus.
Shiseido fliegt nicht nur hoch, sondern betreibt seit Jahren ein eigenes Forschungslabor für Genomik und Epigenetik. Dieses untersucht, wie Gene in der Haut aktiviert oder deaktiviert werden – etwa durch Alterung, UV-Strahlung oder Lifestyle-Faktoren. Mit der firmeneigenen „Skin Gene Mapping“-Technologie lassen sich genetische Aktiv-muster der Haut präzise sichtbar machen, vor allem jene Gene, die für Feuchtigkeitsversorgung, Kollagenproduktion oder zelluläre Reparaturprozesse zuständig sind.
Durch die Analyse dieser Marker können Rückschlüsse auf den tatsächlichen biologischen Hautzustand gezogen werden, um letztendlich Produkte zu entwickeln, die auf den tatsächlichen Hautzustand abgestimmt sind. L’Oréal, eines der größten Kosmetikunternehmen weltweit, erforscht in seiner neu gegründeten Abteilung „L’Oréal Longevity Integrative Science“ nicht nur, wie sich Zellaktivität, Zellkommunikation und Entzündungen auf die Hautalterung auswirken, sondern wie Hautalterung auf zellulärer, molekularer und geweblicher Ebene funktioniert.
In der innovativen „Longevity AI Cloud“ werden über 260 Biomarker für die Langlebigkeit der Haut analysiert, modernste Diagnosetools wie zum Beispiel das „Cell BioPrint“ liefern in wenigen Minuten smarte Lösungen: Durch eine sogenannte Lab-on-a-Chip-Technologie werden Biomarker in der Haut der Konsumenten gemessen, um personalisierte Pflegeempfehlungen auszusprechen.
Die französische Marke Lancôme wiederum kombiniert Fortschritte in der Epigenetik mit pflanzlicher Stammzell-technologie. Herzstück ihrer Produktformulierungen ist ein speziell entwickelter Extrakt aus den Stammzellen der „Lancôme Rose“ – einer exklusiv gezüchteten Rosenart, die aufgrund ihrer hohen Regenerationsfähigkeit und Widerstandskraft der perfekte Pflegepartner ist.
Die Pflanzenstammzellen dieser Rose besitzen die Fähigkeit, sich nahezu unbegrenzt zu teilen und sich in verschiedene Zelltypen zu entwickeln – Eigenschaften, die in der Hautpflege genutzt werden sollen, um die Zellregeneration und -erneuerung anzuregen.
In puncto Langlebigkeits-Pflege setzt Clé de Peau de Beauté auf das wissenschaftlich fundierte Konzept der sogenannten „Skin Intelligence“. Die Haut wird hier als lern-fähiges Organ verstanden, das auf äußere Reize reagiert und sich selbst regenerieren kann – solange ihre natürliche Intelligenz intakt ist. Mit zunehmendem Alter und durch Umweltbelastungen nimmt diese jedoch kontinuierlich ab. Ziel der Pflegeprodukte ist es daher, die verlorene Reaktionsfähigkeit wieder zu aktivieren und zu unterstützen, quasi ein Trainingsprogramm für die Hautzellen.
Laut Dr. Timm Golüke, Dermatologe aus München, zählt das Konzept der sogenannten „Topical Longevity“ zu den zentralen Ansätzen moderner Longevity-Kosmetik. „Ge-meint ist damit die Anwendung äußerlich wirkender Pflegeprodukte, die darauf abzielen, die Gesundheit und Jugendlichkeit der Hautzellen langfristig zu bewahren.
Hier wird weniger auf den kurzfristigen kosmetischen Effekt gesetzt, sondern auf die wissenschaftlich fundierte Prävention der Hautalterung auf molekularer Ebene“, erklärt der Facharzt. Im Zentrum stehen dabei hochwirksame, meist biotechnologisch entwickelte hautähnliche Wirkstoffe, die der Zellalterung entgegenwirken. NAD+-Vorstufen gelten hier als besonders vielversprechende Moleküle, da sie die zelluläre Energieversorgung über die Mitochondrien (Energiekern der Zelle) verbessern und damit die zelluläre Reparatur und Lebensdauer direkt beeinflussen können (z. B. „OS-01 Face Topical Supplement“ von One Skin).
Auch Peptide spielen eine zentrale Rolle, dienen sie in der Haut als Signalmoleküle, die bestimmte Zellprozesse anstoßen, etwa die Kollagen- und Elastinproduktion oder die Wundheilung. „Klassische Wirkstoffe wie Retinoide fördern wiederum die Zellteilung, Niacinamid stärkt die Hautbarriere und Antioxidantien neutralisieren freie Radikale und schützen somit vor umweltbedingter Hautalterung“, so Dr. Golüke. Besonders innovativ ist die Integration von Wachstumsfaktoren (EGF) und Exosomen.
Beide verbessern die Zellkommunikation, unterstützen die Regeneration und können Stammzellenprozesse fördern. EGFs werden für die Kosmetik beispielsweise aus Hefepilzen hergestellt, besonders wirksame pflanzliche Exosome stammen unter anderem aus grünem Tee, Ginseng oder Reis gewonnen.