Moderne Endoprothetik
Vor etwa 50 Jahren implantierten Ärzte die ersten Hüftgelenksendoprothesen moderner Prägung. Sie bestanden aus einer Hüftgelenkspfanne, einem Oberschenkelschaft mit Kopf und wurden mithilfe von sogenanntem „Knochenzement“, einem Acrylharz, im Knochen verankert. Anfang der 1980er Jahre wurden die ersten künstlichen Kniegelenke implantiert, Schulter- und Sprunggelenke folgten. Heute versorgen endoprothetische Chirurgen in Deutschland jährlich etwa 230 000 Patienten mit einem künstlichen Hüftgelenk und etwa 170 000 Patienten mit einem künstlichen Kniegelenk. Die weitaus überwiegende Mehrheit ist sehr zufrieden mit dem Ergebnis des Eingriffs – und das über Jahre bis Jahrzehnte. Die zu erwartende durchschnittliche Lebensdauer eines Kunstgelenks kann heute mit mindestens 15 Jahren angesetzt werden; deutlich längere Standzeiten sind eher die Regel als die Ausnahme. Der wesentliche Gewinn in den allermeisten Fällen ist die erzielte Schmerzfreiheit. Die neu erworbene Beweglichkeit ist das größte Plus für die Lebensqualität, über das die Patienten berichten. Die Operationstechnik wie auch die verwendeten Komponenten und Materialien für Gelenkimplantate haben sich rapide weiterentwickelt. Der anfänglich verwendete Edelstahl ist neuen Legierungen und dem Metall Titan gewichen, der verwendete Kunststoff (Polyethylen) ist von höherer Qualität, und für den Hüftkopf verarbeiten die Hersteller fast ausschließlich Keramik. Die Operationszugänge sind schonender geworden, die Schnitte kleiner, die Rehabilitation nach dem Eingriff ist schneller.
Endoprothetik Knie (künstliches Kniegelenk, Knieprothese)
Welche Knieprothese ist die richtige?
Das menschliche Kniegelenk ist ein hochkomplexes mechanisches Konstrukt. Vier Knochen treffen hier zusammen: Oberschenkel, Schien- und Wadenbein und die Kniescheibe. Gemeinsam bilden sie – funktionell gesehen – drei Gelenke: das innere und äußere Gelenk zwischen Oberschenkel und Unterschenkel sowie das Gelenk zwischen Oberschenkel und Kniescheibe. Alle Teilgelenke können zumindest theoretisch einzeln durch Kunstgelenke ersetzt werden.
a) Schlittenprothese – einseitiger (unikondylärer) Oberflächenersatz. Die Schlittenprothese ersetzt nur einen Teil des Kniegelenks. Sie kommt in der Regel dann zum Einsatz, wenn eine einseitige Abnutzung des Gelenks festgestellt wurde.
b) Kniegelenk-Totalendoprothese bzw. Knie-TEP: kompletter (bikondylärer) Oberflächenersatz. – Die Totalendoprothese ersetzt das Gelenk komplett. Voraussetzung ist grundsätzlich, dass der Bandapparat des Knies voll ständig erhalten und funktionstüchtig ist.
c) achsgeführte Kniegelenks-Endoprothese. Sie wird dann eingesetzt, wenn die beiden anderen Prothesen-Varianten nicht zur erforderlichen Stabilität des Kniegelenks führen würden. Die achsgeführte Kniegelenk-Endoprothese kommt auch bei instabilen Seiten- oder Kreuzbändern in Frage.
d) künstliches Kniegelenk nach Maß- Individuell geformte Prothesen gibt es in unterschiedlichen Varianten. Sie sollen u. a. den besonderen Gegebenheiten des weiblichen Kniegelenks Rechnung tragen. u. a. Zum einen gibt es spezielle Prothesen für Frauen, die den geometrischen Anforderungen des weiblichen Kniegelenks Rechnung tragen sollen. „Maßgeschneiderte“ Prothesen sind exakt den anatomischen Vorgaben
des einzelnen Patienten angepasst . Ob sie tatsächlich länger halten und/oder besser funktionieren, ist bisher nicht statistisch nachgewiesen.
Endoprothetik Hüfte (künstliches Hüftgelenk, Hüftprothese)
a) Totalendoprothese des Hüftgelenks (Hüft-TEP) – Diese Totalendoprothese kommt bei den meisten Patienten zum Einsatz. Ihre Bestandteile sind Oberschenkelschaft, Hüftpfanne und Gelenkkopf.
b) Oberflächenersatz des Hüftgelenks (Kappenprothese, McMinn-Prothese) – Statt einen Oberschenkelschaft zu implantieren, kann der Operateur lediglich den geschädigten Hüftgelenkkopf überkronen. Diese Methode wird allerdings nur selten angewandt.
c) Duokopfprothese des Hüftgelenks – Bei (meist älteren) Patienten mit Oberschenkelhalsbruch kann sich das Einsetzen einer Duokopfprothese anbieten, die nur den Hüftkopf ersetzt. Bei diesem Verfahren verkürzt sich die Operationszeit.
Endoprothetik Schulter (künstliches Schultergelenk)
a) Für den teilweisen oder vollständigen Ersatz des Schultergelenks kommen verschiedene Systeme infrage. Sowohl der Teilgelenkersatz (Hemiprothese, nur die Gelenkfläche des Oberarmkopfes) als auch die Totalendoprothese (TEP) mit Kopf und Pfanne haben ihre bewährten Einsatzbereiche. Die Wahl der Prothese ist neben den Gelenkschäden auch abhängig vom Zustand des umliegenden Gewebes (Rotatorenmanschette), dem Alter des Patienten und der Knochenqualität.
b) Totalendoprothese des Schultergelenks (Schulter-TEP) – Bei den Schulter-TEP verwenden die Orthopäden einerseits anatomische Systeme. Kopf und Pfanne werden hier ersetzt, wenn beide Gelenkflächen stark in Mitleidenschaft gezogen sind. Die Muskulatur, d. h. die Rotatorenmanschette, muss für diese Prothese intakt sein. Weil lange Prothesenschäfte den späteren Wechsel einer Prothese verkomplizieren, geht der Trend dahin, kürzere Schäfte zu verwenden.
Zahlenmäßig dominieren bei den älteren Patienten – und diese Patientenaltersgruppe ist die größte – die inversen Systeme, eine Besonderheit der Schulterendoprothetik. Hier werden Kopf und Pfanne „vertauscht“. Der Kopf wird am Schulterblatt und die Pfanne am Oberarm fixiert. Damit orientiert sich dieser Schulterprothesentyp am Schadensbild und nicht an der ursprünglichen Anatomie der Schulter. Die Ergebnisse dieser OPs sind gut, auch wenn die Arthrose bereits fortgeschritten oder die umgebende Muskelmanschette des Schultergelenks nicht mehr intakt ist. Außerdem verwenden Orthopäden spezielle Frakturprothesen, beispielsweise wenn es nicht gelungen ist, das Schultergelenk bei einem komplizierten Oberarmbruch aus den Fragmenten zu rekonstruieren.