Le Concierge – Der Mann, der alles möglich macht

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12. Juli 2025

Marianne von Waldenfels

  • Travel

Le Concierge – Der Mann, der alles möglich macht

Das oberste Ziel: Der Gast soll sich wohlfühlen. Dafür werden ihm (fast) alle Wünsche erfüllt. Raffaele Sorrentino, mehrfach ausgezeichnet als „bester Concierge der Welt“, über Herausforderungen und Glücksmomente seiner außergewöhnlichen Berufung

Was macht einen perfekten Concierge aus? Das Talent, genau zuhören zu können und Menschen wertzuschätzen, sagt Raffaele Sorrentino. Dreimal wurde der gebürtige Neapolitaner als „Bester Concierge der Welt“ von der American Hospitality Academy ausgezeichnet. Bevor er Chef-Concierge in verschiedenen legendären Luxushotels, unter anderem im Hotel Adlon Kempinski, wurde, sammelte er ganz klassisch Erfahrungen als Gepäckträger und Page. 2009 gründete er dann mit der RAS Service Group seinen eigenen Concierge Service. Unter dem Motto „Service at any time“ bietet die Firma unter anderem Concierge- und Sicherheitsservice für Wohnimmobilien sowie Empfangs- und Conciergeservice für Seniorenresidenzen an.

Der beste Concierge der Welt

Wie kam es dazu, dass Sie Concierge geworden sind?

Oh, das war ein reiner Zufall. Ich stamme aus Neapel. Mein Vater war Schneider, und als ich 14 war, ging er pleite. Wir waren drei Söhne, meine älteren Brüder waren 16 und 17, und alle mussten arbeiten gehen. Meinen ersten Job hatte ich auf einer Baustelle. Dann habe ich einen Cousin von mir getroffen, der am Comer See in der Villa d’Este beschäftigt war. Dort hat meine Karriere in der Hotellerie begonnen – als Page.

Die Villa d’Este in Cernobbio am Comer See gehört zu den berühmtesten italienischen Luxushotels. Was hat Sie an diesem Job begeistert?

Vor allem der Chef-Concierge. Er sprach viele Sprachen, und es hat mich unglaublich beeindruckt, wie groß das Vertrauen war, das die Gäste ihm entgegenbrachten. Sie haben alle seine Ratschläge befolgt, ohne Widerrede – es gab ja damals noch kein Internet. Dieser Chef-Concierge hat mich inspiriert, und ich sagte mir damals: Irgendwann wirst du auch Chef-Concierge in einem Grandhotel.

In welchem Hotel hat es dann geklappt mit dem ersten Job als Chef-Concierge?

Das war im Grand Hotel Continental in München. Leider gibt es dieses Luxushotel, das der Familie Billig gehörte, heute nicht mehr. Ich fing dort im Jahr 1984 an und 1991 wurde ich zum Chef-Concierge befördert. Danach wechselte ich ins Rafael, das heutige Mandarin Oriental in München. Von dort aus ging es weiter ins Adlon.

Hotel Adlon, Concierge

© Markus Spiske

Das wohl berühmteste Hotel Berlins: Das Adlon Kempinski am Pariser Platz

Wie wird man bester Concierge der Welt?

Das waren Umfragen, in denen ich vielleicht eine Stimme mehr bekommen habe als ein anderer. Wissen Sie, es gibt auf dieser Welt so gute Concierges. Ich kann Ihnen auf Anhieb mindestens 20 nennen, die großartig sind. Aber zu Ihrer Frage – wie man das wird: Ich weiß es nicht, aber ich muss sagen, dass mir der Beruf immer sehr leichtgefallen ist. Ich war Concierge mit Leib und Seele.

Was ist das Wichtigste, was man tun kann, damit die Gäste sich wohlfühlen?

Zuhören ist bei diesem Beruf ganz, ganz wichtig. Und man sollte eine gute Menschenkenntnis haben. Ein Concierge muss mehr können, als nur die Stadt oder die Gegend zu kennen. Man braucht schon so einen gewissen siebten Sinn, um in die Menschen hineinschauen zu können, sie zu analysieren und genau herauszufinden, was man für sie tun kann. Ich habe auch ein bisschen gespielt mit diesem Talent, und meine Grenzen getestet. Wie weit kann ich mit diesem Gast gehen, wo kann ich den hinschicken?

Zum Beispiel?

Im Adlon kam einmal ein Herr auf mich zu. Er trug Jackett, ein kleines Tüchlein am Hals und ein Einstecktüchlein in der Tasche vorne am Jackett. Seine Frau war ziemlich pfiffig angezogen. Ich habe die beiden ins Spindler & Klatt geschickt. Das war natürlich damals kein für Jackett und Tüchlein am Hals. Da herrschte eine andere Atmosphäre, und man konnte dort auch tanzen. Am nächsten Tag kam der Herr auf mich zu und sagte: Ich könnte Sie umbringen! Und ich fragte: Ja, wieso denn? Sie wissen schon, antwortete er. Also, wenn meine Frau nicht so glücklich gewesen wäre ... Ich habe mich richtig gefreut, dass die Frau glücklich war und einen schönen Abend hatte.

Gab es mal einen Wunsch, den Sie nicht erfüllen konnten, oder eine Situation, an der Sie gescheitert sind?

Ich bin an manchen speziellen Charakteren gescheitert. Mir ist Gerechtigkeit sehr wichtig. Wenn ich merke, dass jemand eine Person schlecht behandelt – selbst wenn es ein Gast ist –, dann greife ich sofort ein. Ich bin auch schon mal mit Gästen aneinandergeraten, wenn sie laut gegenüber einem meiner Kollegen wurden.

Das passiert hoffentlich nur selten?

Ich sage es mal so: Teilweise sieht man schon, wer das Geld von Papa ausgibt. Aber für mich sind erst mal alle Menschen gleich. Als Concierge darf man keine Unterschiede machen. Ich sehe eine Person vor mir, die einen Wunsch hat. Und egal, wie banal dieser sein mag – es gilt, ihn zu erfüllen.

„Man muss Freundlichkeit ausstrahlen – egal ob acht, zehn oder zwölf Stunden am Tag“

Raffaele Sorrentino

Was muss ein Concierge sonst noch mitbringen?

Organisationstalent, Empathie und ein hervorragendes Netzwerk. Für Gäste, die Opernfans sind, habe ich zum Beispiel Treffen mit den Künstlern organisiert, mit Baritonen und Tenören. Ich kannte ja mehrere, die an der Staatsoper oder Deutschen Oper gesungen haben. Außerdem ist Wertschätzung ist Grundsatz. Und man muss Freundlichkeit ausstrahlen – egal, ob acht, zehn oder zwölf Stunden am Tag.

Gibt es einen Gast, an den Sie sich besonders erinnern?

Ja, aus meiner Zeit im Hotel Lancaster in Paris. Monsieur Samuel, ein echter Grandseigneur, ein Architekt. Er hatte einen Lebensgefährten, und die beiden waren einfach wunderbar. Sie haben mich später in Deutschland in alle verfolgt, in denen ich gearbeitet habe. Ich habe ihnen Karten für Veranstaltungen auf der ganzen Welt besorgt, von Bayreuth über London bis New York. Egal, was Monsieur Samuel brauchte, er kam immer zu mir. Ich habe noch einen Regenschirm, den er mir geschenkt hat. Mit einem handgeschnitzten Pferdekopf.

Wie hat sich Ihr Beruf in den letzten Jahren verändert?

Er ist schwieriger geworden. Heute kommt der Gast mit einer Liste und sagt: Ich habe auf Instagram oder TikTok gesehen, dass es dieses Lokal oder diese Bar gibt. Da will ich hin. Und dann müssen Sie ihn überzeugen, dass er doch vielleicht woanders hingehen soll, an einen Ort, den TikTok nicht kennt, weil es da schöner und besser ist. Man muss heute als Concierge noch besser informiert sein als die sozialen Netzwerke. Unsere Aufgabe ist es ja auch, dem Gast einen echten Geheimtipp zu geben. Die Tipps von sind ja keine Geheimtipps mehr. Deswegen, glaube ich, muss man sich wirklich intensiv mit der Stadt beschäftigen, in der man arbeitet.

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